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Die Chinesische Gnosis (20 bis 22)

Kommentare zum Tao Teh King von Lao Tse

Das Feld des wahren Lebens ist dem Menschen nicht fern, sondern in ihm und überall um ihn herum. Auch Lao Tse spricht darüber in seinem Tao Teh King. Lesen Sie hier Kapitel 20 bis 22 mit Erläuterungen von Jan van Rijckenborgh und Catharose de Petri.

Kapitel 20

Lasst eure Gelehrsamkeit fahren,
dann werden die Sorgen von euch weichen.

Was nützt die Kenntnis sprachkundiger
Spitzfindigkeiten?
Besser ist die Kenntnis des Unterschiedes
zwischen Gut und Böse.

Leider ist die Welt eine Wildnis geworden,
und das Ende ist noch nicht abzusehen.

Alle Menschen sind heiter und fröhlich
wie einer, der sich über die Nahrung freut;
wie einer, der im Frühling eine hohe
Terrasse bestiegen hat.

Ich allein bin ruhig und habe
mich noch nicht bewegt.

Ich bin wie ein kleines Kind,
das noch nicht gelächelt hat.
Ich bin frei und ohne Behinderung,
als ob es nichts gäbe,
wohin ich zurückkehren möchte.

Die gewöhnlichen Menschen haben Überfluss.
Ich allein bin wie einer,
der alles verloren hat.

Ich habe das Herz eines Toren.
Ich bin ein Chaos der Verwirrung.

Die gewöhnlichen Menschen
sind strahlend erleuchtet,
ich allein bin verdunkelt.

Die gewöhnlichen Menschen sind
von Einsicht durchdrungen;
ich allein bin traurig besorgt.

Ich bin unbestimmt wie das Meer;
ich werde von den Wogen wie ruhelos
hin und her getrieben.

Alle Menschen haben für alles ihre Gründe;
ich allein bin dumm.

Ich allein bin anders
als die gewöhnlichen Menschen,
weil ich die Mutter verehre,
die alles nährt.

Das Feld des wahren Lebens

Verfallen Sie nicht, wie so viele, in den Irrtum zu glauben, dass Kenntnis »Weisheit« sei. Wenn etwas von der wirklichen Absicht Lao Tse’s bis zu Ihnen durchdringen kann, dann werden Sie wissen, dass nicht nur eine neue Lebenshaltung notwendig ist, sondern eine vollständige Selbstrevolution. Mit weniger schaffen Sie es nicht! Vom Vater strahlen Gottesfunken, Mikrokosmen aus, in denen der Geist Gottes wohnt. Der Gottesfunke ist die göttliche Saat. Alles, was in diesem Gottesfunken beschlossen liegt, muss durch den Kontakt mit der Weltmutter — das ist das astrale Feld des wahren Lebens — zum Wachstum, zur Offenbarung gelangen. Aus der Mutter wird durch die Saat des Vaters die Kindschaft, die Sohnschaft, zu einer herrlichen Wirklichkeit. Aus dieser Mutter lebt Lao Tse. Sie, die alles nährt, verehrt er.

Kapitel 21

Die sichtbaren Wirkungen des großen Teh
sind die Folgen der Ausströmungen Tao’s.

Das ist die Natur Tao’s.
Tao ist in seiner Schöpfung unbestimmt
und verwirrend. Wie verwirrend!
Wie unbestimmt!

Und doch enthält seine Mitte alle Bilder.
Oh, wie unbestimmt, wie verwirrend!

Und doch ist in der Mitte das spirituelle Wesen.
Dieses Wesen ist höchst real und enthält
das unfehlbare Zeugnis.

Von altersher bis heute ist sein Name
unvergänglich. Es schenkt der wirklichen
Schöpfung das Dasein.

Woher weiß ich, dass die ganze Geburt
in ihm ihren Ursprung hat? Durch Tao selbst.

Tao ist in der Mitte

In der ganzen All-Offenbarung, im ganzen Schöpfungsraum, steht Tao, das göttliche Eine in der Mitte. In diesem unermesslichen Raum existieren zahllose astrale Felder, die sich alle sehr voneinander unterscheiden. Von all dieser Verschiedenheit, die in der Einheit enthalten ist, muss man sagen: »Tao steht in der Mitte.« Das ist an und für sich sehr wichtig und tröstlich. Aber viel wichtiger ist es, feststellen zu können, dass von dieser göttlichen Kraft »in der Mitte« Emanationen ausgehen, Ausströmungen, Strahlungen, Wirkungen, Emanationen, die den gesamten unermesslichen Raum mit ihrer Majestät erfüllen. Tao ist überall und bei jedem »in der absoluten Mitte«. Das ist das große Wunder Tao’s. Diese große, lebendige, göttliche Kraft spricht und strahlt im Herzen von allem und allen. Es ist die wunderbare Natur Tao’s, die Eigenschaft Gottes.

Kapitel 22

Das Unvollkommene wird vollkommen werden.
Das Krumme wird gerade werden.
Das Leere wird erfüllt werden.
Das Verschlissene wird neu werden.

Mit wenig wird es erlangt.
Mit viel irrt man von ihm ab.

Darum umfasst der Weise das Eine
und wird so zum Vorbild der Welt.

Er wünscht nicht, selbst als Licht zu scheinen,
und eben deshalb ist er erleuchtet.
Er schätzt sich selbst nicht hoch ein,
und gerade dadurch zeichnet er sich aus.

Er rühmt sich selbst nicht,
und gerade dadurch hat er Verdienste.
Er gibt sich selbst keinen hohen Platz,
und gerade deshalb ist er der Höhere.

Er steht in der Streitlosigkeit,
und gerade darum gibt es keinen,
der ihn besiegen kann.

Wie sollten es leere Worte sein,
wenn die Alten sagten:
»Das Unvollkommene wird vollkommen werden«.

Wenn jemand das Vollkommene erreicht hat,
muss alles sich ihm fügen.

Der vierfache Prozess

Die vier Möglichkeiten, die Lao Tse meint, werden in Begriffe gebracht wie:
1. der Weg zur Vollkommenheit,
2. das Rechtmachen der Pfade
3. das Leere füllen,
4. die Erneuerung durch Transfiguration.

Wenn Sie sich diesen vier Möglichkeiten und schließlichen Gewissheiten nähern, dann müssen Sie sie in dieser Reihenfolge sehen, denn sie beziehen sich auf einen Prozess, der sich in dieser Reihenfolge entwickelt. Nach einer Periode der Vorbereitung und Zubereitung, die man Involution nennt, wird der Mensch vor eine Aufgabe gestellt, die man als Evolution bezeichnet. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Meinung ist diese Evolution bestimmt kein vollautomatischer Prozess. Der Mensch wird nicht evolviert. Er muss sich selbst durch Selbstverwirklichung entwickeln. Er muss das Ziel Gottes in sich und durch sich selbst ohne Zwang und in einer vollkommen erkennenden Liebe hoch erheben.