Daher hat sie auch heute eine besondere Bedeutung. Allerdings ist es notwendig, sich ihr auf neue Weise zu nähern.
Die Bibel besteht zwei Teilen: Dem Alten Testament (AT), entstanden zwischen 950 -150 v. Chr., und dem Neuen Testament (NT), entstanden zwischen 35 – 130 n.Chr.
Das AT stellt das Vermächtnis Gottes, den "Alten Bund“ der geistigen Welt mit der Menschheit dar. Es beschreibt die Aufgabe der Menschheit, sowie des Individuums, ein autonomes und verantwortliches Ich zu entwickeln. Die tragende Methode ist das Gesetz. (Zehn Gebote).
Das NT ist das neue Vermächtnis, der "Neue Bund“ der geistigen Welt mit der Menschheit. Auf der Grundlage eines verantwortlichen Ichs, das aus dem Alten Bund hervorgegangen ist, geht es jetzt um die Entfaltung des wahren Selbst, des spirituellen Menschen. Die Formel dazu lautet: "Wer sein Leben verlieren will, um meinetwillen, der wird es erhalten.“ Die Methode ist die Liebe. Das einzige und neue Gesetz bei Jesus lautet: "Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst.“
Die Evangelisten Markus und Matthäus zum Beispiel beschreiben die Entwicklung des wahren Selbst anhand der literarischen Form einer Biografie, der Evangelist Lukas beschreibt sie wie einen Reisebericht. Im Johannesevangelium steht der spirituelle Erfahrungsweg zentral. Jedes Evangelium vermittelt so seine eigene spirituelle Energie. Der jeweilige Protagonist ist Jesus, der ins "Fleisch“ gekommene Gottessohn. Er vollzieht alle Phasen der Entfaltung seines spirituellen, wahren Selbst. Er lehrt seine Schüler, "die Jünger“, sowie das "Volk“ damit sie, nachfolgend, ebenfalls ihr wahres Selbst in sich entfalten können.
Bereits im AT wird immer wieder auf die Inkarnation, das "Kommen“ eines Gottessohnes, den "Messias“, hingewiesen. Messias ist der hebräische Begriff für Christus und bedeutet "der Gesalbte“. Umgekehrt bezieht Jesus im NT seine Aussagen oft auf das "Gesetz der Väter“, den Alten Bund. Er akzentuiert einerseits die unterschiedlichen Ziele von altem und neuem Bund, andererseits stellt er den Zusammenhang der geistig-seelischen Menschheitsentwicklung deutlich heraus.
Man kann die Bibel als historischen Roman lesen. Man kann sie heilsgeschichtlich lesen und sich zum Beispiel damit beschäftigen, welche Wunder Jesus vollbracht hat. Doch wird man ihr damit gerecht? Was nützt sie dem Menschen in seinem konkreten Leben?
Die Bibel schildert ein spirituelles Weltbild und beschreibt spirituelle Erfahrungen. Die klassischen Rosenkreuzer sagten in der Fama Fraternitatis R.C. Kap. 10 bezüglich der Bibel: "Gesegnet ist, wer sie besitzt. Gesegneter, wer sie liest. Am meisten gesegnet ist, wer sie gründlich kennt. Wer sie aber begreift und befolgt, ist Gott am ähnlichsten.“
Die Geschichten, Personen, Orte, Begebenheiten, Zahlen oder Wunder können, aber müssen nicht zwangsläufig, reale Begebenheiten sein. Jedes Ding, Wesen und Ereignis in der irdischen Welt ist Abglanz der geistigen oder seelischen Welt und kann daher als Symbol für diese dienen.
So finden Ereignisse oder Unterrichtungen der "Jünger“, der Schüler Jesu, oft auf einem "Berg“ statt, in der Höhe, über der Flachheit der gewöhnlichen Welt. Oder wenn Jesus "Brot“ - also spirituelle Einsicht und "Fische“ - nämlich spirituelle Kraft an eine Menschengruppe austeilt, so stillt er ihren spirituellen Hunger nach neuem Lebenssinn und neuer Lebenskraft. Eine solche Speisung erschöpft sich nicht durch Austeilen, sondern vermehrt sich dadurch.
Die Bibel ist eine spirituelle Schrift. Wer empfindet, dass eine spirituelle Entwicklung für die Menschheit und für jeden einzelnen Menschen auch jetzt, in der heutigen Zeit notwendig ist, vor dem wird die Bibel ihre Schätze offen ausbreiten.
Wie kann das zustande kommen? Über das Resonanzprinzip. Aus der Perspektive des Individuums verlangt dies ein aktives Beteiligen: tiefe Lebensfragen, einen inneren Drang nach Erkennen und Verstehen der Lebenswirklichkeit und die Suche nach dem Sinn in allem. Auf diese innere Aktivität folgt immer eine Antwort. Sie kann sich auf verschiedenen Ebenen äußern: im Bewusstsein, in der Wahrnehmung oder in der Lebenswirklichkeit. Individuell ist das ganz unterschiedlich.
Das Energiefeld der göttlichen Liebe durchdringt alle und alles, nichts und niemand ist ausgeschlossen. Die Verbindung zu ihm heilt den Menschen und gibt ihm seine ursprüngliche Würde als "Ebenbild Gottes“ zurück.