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Spirituelle Alchemie | Goldenes Rosenkreuz

Geschrieben von Die Rosenkreuzer | Oct 29, 2020 3:00:00 PM

Die spirituelle Alchemie fordert die Veränderung des Menschen bis in die atomare Struktur.

Die Alchemie steht häufig für den Traum, Blei in Gold zu verwandeln. Als Scharlatanerie abgetan, findet ihr Denken beispielsweise in den Finanzmärkten heute neue Anwendung. Die spirituelle Alchemie hingegen fordert die Veränderung des Menschen bis in die atomare Struktur.

Viele Alchimisten sahen den Hauptgrund ihrer Forschungen nicht in der Verwandlung beziehungsweise Transmutation unedler Metalle in irdisches Gold. Sie widmeten sich ganz dem spirituellen Aspekt und strebten nach einer Transmutation von Seele und Körper durch ein vollkommen neues Verhältnis zum Geist. Einen Höhepunkt dieser Bestrebungen erlebte die Alchemie in der Sicht der Rosenkreuzer, die die Herstellung irdischen Goldes vollkommen ablehnten und einen rein geistigen Prozess forderten.

Hierin zeigt sich das Besondere der spirituellen Alchemie. Sie beschreibt eine tiefgreifende Veränderung, eine Transmutation des stofflichen Körpers. Diese Alchemisten erkannten, dass der Mensch nur eine Welt begreifen kann, die der atomaren Substanz seines Körpers entspricht. Sie fanden einen Weg, auf dem die atomare Substanz des Körpers ausgetauscht und damit das gesamte Bewusstsein bis in den Stoff verwandelt wurde.

Die Welt der Alchemisten ist reich an Symbolen, Bildern und Geschichten, um diesen Verwandlungsprozess zu beschreiben.

Die Sonne kommt gerade über den Horizont und taucht die gesamte Landschaft in ein orangefarbenes Licht. Das kleine Haus am Ende der Sackgasse schaut mit seinem großen Fenster direkt nach Osten, der aufgehenden Sonne entgegen. Jeden Morgen erfüllen die ersten Sonnenstrahlen den Raum hinter dem Fenster mit einer erwartungsvollen Atmosphäre. Der erste Sonnenstrahl erscheint auf dem Altar, trifft auf einen Spiegel und wird auf eine kleine Tafel reflektiert :

„Wie oben, so unten; wie innen, so außen“.

Das Licht breitet sich langsam weiter aus. Es verbindet sich mit dem Schein des Feuers im Ofen, in dessen Sandbad ein Kolben steht. Im Kolbeninneren, einer vollkommen abgeschlossenen Retorte, findet eine immerwährende Zirkulation statt. Aktivität, Farbe und Konsistenz verändern sich fortwährend. Der Sulphur (Geist) mit seinem belebenden Feuer, der alles zu einem lebendigen Organismus formende Mercur (Seele) und das strukturgebende Sal (Körper) sind die treibenden Kräfte in dieser Transmutation. Der Kreislauf des Erhebens aus dem Kolben in das Gasförmige, dann das Abkühlen, wieder Kondensieren und der Rückfluss in den Kolben führt zu einem ständigen Kreislauf in dem Alembic (Destille).

Von Zeit zu Zeit entfernt der Alchemist das Unbewegliche, Dunkle am Boden des Kolbens. Dann verändert sich schlagartig der gesamte Zirkulationsprozess. Alles in der Retorte wird empfänglicher für das Licht, das durch die Kolbenwand dringt. Der Inhalt verbindet sich stärker mit dem Licht, fächert es auf wie in einem Regenbogen und lässt den verwandelnden Einfluss auf sich wirken. Über der Retorte hängt eine kleine Tafel mit einer Schrift aus widerspiegelndem Metall. In grau glänzenden Lettern ist dort zu lesen: "Du gleichst dem Geist, den du begreifst, nicht mir“.

Lange schon beobachtet der Alchemist die Veränderungen in der Retorte. Das ganze System scheint über die Jahre immer heller, lichter und durchlässiger zu werden. Synchron nimmt der Veränderungsprozess in seinem eigenen Inneren gleiche Wege. Wie die kleine Welt in seiner Retorte immer mehr mit der Welt außerhalb des Kolbens zu kommunizieren scheint, so entwickelt sich auch in ihm ein neues Wesen, das seine Einsichten aus einer ganz anderen Welt zu holen scheint. So wie sich nach und nach die gesamte Struktur seines Wesens verändert und der anderen größeren Welt immer ähnlicher wird, lernt er in seinem Herzen den Gedanken der Einheit zu denken.

Eines Morgens ist es so weit. Auch in seinem Inneren hat die Transmutation einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Alchemist kommt in das Laboratorium und tritt vor seinen Altar. Er hatte schon vor vielen Jahren eine zweite Tafel mit messingfarbenen Lettern angefertigt. Heute nimmt er sie vom Tisch und wechselt die Tafel über seiner Retorte aus: "Du gleichst dem Geist, der mich begreift.“ Dann entfernt er zum letzten Mal das Dunkle Unbewegliche am Boden des Kolbens.

"Wie oben, so unten; wie innen, so außen“.